Die israelische Serie THE GERMAN ist ein must-see!

MagentaTV+ hat nicht immer ein glückliches Händchen, wenn es seine sogenannten „Exklusives“ präsentiert, aber für Thumbnail und Kurztext zur israelisch-amerikanischen Serie „The German“ haben sie sich auffällig wenig Mühe gegeben. Das ist schade, weil „The German“ eine herausragende Serie ist, die ein großes Publikum verdient.

Zu Recht hat das Autorenteam Moshe Zonder und Ruth Weiss-Berkowitz, die u. a. auch für die Serien „Fauda“, „Teheran“ und „The Girl from Oslo“ die Bücher geschrieben haben, bei der „Séries Mania“ in Lille den Best Writing
Award erhalten. Die Drehbücher sind so raffiniert erzählt, dass mehr als der Hinweis darauf, dass die Serie zu Beginn der 70er Jahre in einem Kibbuz spielt, kaum möglich ist, ohne zu spoilern. Ein junger amerikanischer Historiker, der im Kibbuz Holocaust-Überlebende dazu bringt, über ihre Vergangenheit zu sprechen, löst mit seinen Befragungen eine Entwicklung aus, die Familien, Freundschaften und politische Gewissheiten sprengen wird. Bislang haben sie ihre Vergangenheit verschwiegen, jetzt wird sie zum Dreh- und Angelpunkt der sich schnell zuspitzenden Ereignisse. In einer Mischung aus Familiendrama und Spionagethriller wird das berühmte Faulkner-Zitat von der Vergangenheit, die nicht nur nicht tot, sondern noch nicht einmal vergangen ist, zum Leitmotiv der Serie. Das ist spannend und politisch hochaktuell.

Zudem begeistert der Hauptdarsteller Oliver Masucci mit Intensität und Spielfreude. Für die Serie hat er in kürzester Zeit Hebräisch gelernt – vollkommen akzentfrei, wie seine israelischen Kolleginnen und Kollegen bestätigen. Masucci hat schon viele bedeutende Rollen gespielt, aber diese ist vielleicht seine beste. Dominierend und angsteinflößend in seiner Körperlichkeit, ist er zugleich zögernd und emotional überfordert. Eiskalte Berechnung wechselt im Sekundentakt mit existenzieller Panik. Wann er lügt und wann nicht – bis zum Ende der Serie, die mit einem Cliffhanger endet und somit eine 2. Staffel verspricht – kann man nicht durchschauen.

Dass drei ehemalige Sonnyboys des deutschen TV-Films der Nullerjahre (Dominic Raacke, Heio von Stetten und Aleksandar Jovanovic´) unbelehrbare Alt-Nazis überzeugend darstellen, erhöht das Vergnügen für das deutsche Publikum.

Überraschend nur, dass die Serie zurzeit nur in Israel und Deutschland ausgestrahlt wird. Bis heute scheint Lionsgate TV sie in kein anderes Land verkauft zu haben. Ist das Boykott? Oder die Angst vor Protesten? Schade, denn die Serie verdient mehr Aufmerksamkeit.